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Zu Schlössern und einer fingierten Grenze

Erinnerungfoto an den ersten Vereinsausflug des Wald-Vereins Grafenau an der fingierten Grenze von Všeruby: Vorstandsvorsitzender Uli Wiedermann (4.v.l.), Kulturwartin und Organisatorin Roswitha Prasser (3.v.r.) sowie Reiseführer Heinrich Vierlinger (re). Foto: Christina Schlegel / privat

Grafenau. Nach zwei gut besuchten Wanderungen nahe Empertsreut zur Waldkapelle Marchetsreut und zum Besenbinder Fuchs und von Büchlberg zum Erlau-Stausse mit Wanderwart Karl Graf ging es für die Mitglieder des Bayerische Wald-Vereins, Sektion Grafenau, zur ersten Ausflugsfahrt in diesem Jahr. Die neue Kulturwartin Roswitha Prasser hatte dazu eine Schlösserfahrt im Bayerischen Wald ausgesucht. 39 Personen, darunter Vorstandsvorsitzender Uli Wiedemann sowie Mitglieder anderer Sektionen und Gäste waren der Einladung gefolgt. Mit dabei: Reiseführer Heinrich Vierlinger. Mit dem Prager-Bus ging es frühmorgens vom Meininger Parkplatz in Grafenau über Regen durch den landschaftlich reizvollen Lamer Winkel zur ersten Station, Neukirchen b. Hl .Blut, seit Beginn des 15. Jahrhunderts ein bekannter Wallfahrtsort mit zirka 3.900 Einwohnern. Besichtigt wurden die Wallfahrtskirche mit ihrer bekannten Marienstatue und das Wallfahrtsmuseum. Beeindruckend war zum einen die Sonderausstellung „Aus Speichern, Schränken, Schubläden“ mit einer Auswahl von Objekten, die aus dem breit gefächerten kulturhistorisch interessanten Themenbereich der Volksfrömmigkeit oder Dinge, die mit dem traditionsreichen Wallfahrtsort in Verbindung stehen. Und die Ausstellung „einfach schön und gut“, die Produkte traditionellen Handwerks aus dem Landkreis Cham und der Region Klatovy zeigt.
Nach einer kurzen Mittagspause ging es bei leichtem Regen weiter, vorbei am Drachensee und der „Drachenstichstadt“ Furth im Wald, wo bereits die Vorbereitungen für Landesgartenschau 2025 stattfinden. An der Grenzstadt vorbei führte die Fahrt weiter nach Westböhmen in die Stadt Domažlice in die altertümliche Chodenburg und das dort ansässige Chodenmuseum mit mehreren Abteilungen zur Urgeschichte und zum Mittelalter. In den Ausstellungen sieht man religiöse und militärische Objekte, Gegenstände des Handels und des Handwerks, Informationen zur Heimatkunde und zum Chodentum. Die Choden sind Angehörige einer tschechischen Volksgruppe, deren Dialekt sich sprachlich von dem Tschechischen und der Schriftsprache unterscheidet. Sie waren weitgehend Bauern. Die Könige von Böhmen übertrugen ihnen, ähnlich wie den künischen Freibauern, ab dem 14. Jahrhundert Wachdienste an der Landesgrenze zu Niederbayern und der Oberpfalz. Dafür erhielten die Choden Sonderrechte, eigene Wappen, Siegel und Standarten, die sie in bewaffneten Konflikten mit der Obrigkeit bis in das 18. Jahrhundert hinein selbstbewusst verteidigten. Besonders sehenswert sind die Trachtenausstellung, dargestellt durch eine chodische Hochzeit, die Keramik- und Porzellansammlungen sowie original nachgebaute Bauernzimmer. Einige der Ausflugsteilnehmer scheuten nicht die zahlreichen Treppen den Turm hinaufzugehen, um den Ausblick auf die Stadt zu genießen. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt ging es weiter zur letzten Station, der fingierten Grenze nahe Eschlkam-Všeruby. Auf einem Feldweg marschierte der größte Teil der Teilnehmer zirka 300 Meer bis zu einem kleinen See nahe der Grenze mit einer dunklen und absurden Vergangenheit. Dort hatte die Staatssicherheit mit illegalen Schleusern eine Falle für Flüchtlinge vorbereitet, die nach dem Februar 1948 vor der kommunistischen Verfolgung in die amerikanisch kontrollierte Zone flüchten wollten. Lange Zeit war von diesem Kapitel Grenzgeschichte wenig bekannt. Die tschechische Forscherin Václava Jandecková brachte die heimtückische Methode des Geheidienstes am „Eisernen Vorhang“ mit ihrem Band „Fingierte Grenze – Aktion ‚Kámen‘ – Opfer und Täter geheimer Grenzoperationen der tschechoslowakischen Staatssicherheit 1948-1951“ ins Licht der Öffentlichkeit.

Auf dem Heimweg ging es über den Lamer Winkel vorbei am Arber, dem Arbersee über Zwiesel und Spiegelau zurück nach Grafenau, wo alle erfüllt, aber auch müde von den vielen Eindrücken um 19 Uhr ankamen.
Die Sektion Grafenau veranstaltet in diesem Jahr noch eine zweite Ausflugsfahrt am 24. August. Dann geht es in den Weinberg Weizenberger oberhalb von Obernzell. Doch zuvor finden die monatlichen Wanderungen mit Wanderwart Karl Graf statt. Am 15. Juni geht es von Haidmühle mit dem Zug nach Horni Plana zum Aussichtsturm und am 13. Juli führt die Wanderung von Reutenstraße bei Finsterau über die Hammerklause nach Fürstenhut.

Wer den Verein „Bayerischer Wald-Verein Sektion Grafenau e. V.“ näher kennenlernen will, hat dazu am 22. Juni von 10-17 Uhr beim Vereinstag des Ilzer Landes im Kurpark Grafenau eine gute Gelegenheit. Vor der Kneippanlage gleich neben dem „Lusengipfel“ informieren die Vorstandsmitglieder an ihrem Stand über den Verein, der auch Besitzer des Lusenschutzhauses ist. Wer sich an diesem Tag entschließt, Mitglied zu werden (Jahresbeitrag 13 Euro), erhält nicht nur einen Verzehrgutschein in Höhe von zehn Euro für das Lusenschutzhaus sondern nimmt auch an der Verlosung von drei Mal zwei Übernachtungen im Schutzhaus teil. Mehr über den Verein gibt’s demnächst auf der neuen Homepage www.waldverein-grafenau.de, die spätestens am Tag der Vereine online geht. (Text/ Fotos: Roswitha Prasser)